Wie baut man einen YouTube-Killer?

Das ist wohl die Frage, die sich in den letzten Monaten die meisten Medienkonzerne in den USA gestellt haben. In Deutschland kann man die Antwort in Form von MyVideo und Clipfish bereits betrachten. Doch nicht nur die Medienhäuser, auch die ganzen anderen Videohoster suchen nach einer Möglichkeit YouTube vom Thron zu stoßen.

So nicht!

Die bevorzugten Strategien um sich von YouTube zu unterscheiden sehen wie folgt aus:

Alles wirklich gut klingende Strategien, die doch eigentlich von Erfolg gekrönt sein müssten. Doch leider konnte bis jetzt noch keines dieser Unternehmen mit den Strategien wirklich punkten.

Nach der YouTube-Übernahme durch Google ist es ruhig geworden um die Videohoster – Abgesehen von etwas Aufregung um geklaute Inhalte auf Dailymotion.

Das liegt hauptsächlich daran, dass es in letzter Zeit wenig wirklich neues zu berichten gab (mit ausnahme eines neuen Videohosters jeden Tag). YouTube hat wohl eine Größe erreicht bei der das Wachstum nicht mehr selbstverständlich ist und dazu kommt dass nun so solangsam der Lack von YouTube abgeht. Wer war der letzte YouTube Star der einen Vertrag bekommen hat? Lisa Nova im Dezember und das von DailyReel – nicht so prickelnd. Wieviele haben überhaupt einen Vertrag bekommen? Diese Zahl dürfte wohl im unteren zweistelligen Bereich liegen, wenn überhaupt. Warum gibt es seit Juli keine neuen YouTube Zahlen (100 Mio Videos/Tag)? Und warum bekommt YouTube mehr Take-Down Notices als Kooperationen? Offensichtlich sind die Medienhäuser mit den angebotenen Erlösen nicht zufrieden und YouTube/Google nicht gewillt weitere teuere Beteiligungs-Deals einzufädeln.

Betrachtet man diese Entwicklung genauer ergibt sich durchaus eine reelle Chance für einen YouTube-Killer, vor allem dann wenn er von einem Medienkonzern aktiv unterstützt wird. Wobei ich immer fürchte, dass ein solches Angebot maximal eine Kombination der oben genannten Strategien bereit hält, gibt es doch Hoffnung, dass man YouTube genau analysiert und gezielt die Schwächen ausnutzt.

YouTubes schwächen

In letzter Zeit häufen sich die Berichte mit Problemen bei YouTube das geht von Spam und Betrügereien bis hin zu banalen technischen Problemen. Die größten Probleme sind jedoch die folgenden:

  • Der Longtail auf Youtube ist kaputt. Je länger der Long Tail umso höher die Kosten für den Einzelnen sich im Lontail zurecht zufinden. Deshalb sind effektive Filter und Empfehlungsalgorithmen unabdingbar um den Longtail effektiv zunutzen. Dummerweise werden diese Filter auf YouTube durch gezieltes Gaming der Plattform, undurchsichtiges Featuren von Videos seitens YouTubes und Keyword-Spamming außer Kraft gesetzt. Deshalb sind lontail-typischen Sprünge von z.B. Position 550 000 auf 3 bei YouTube mittlerweile fast unmöglich.
  • Unklare Trennung zwischen bezahlten und original Inhalten. YouTube ist nicht besonders Transparent, wofür und wieviel Geld für Videos auf der Plattform fließt. Bezahlt CBS YouTube oder YouTube CBS und sieht der User Werbung wenn er ein CBS Video sieht oder ist das ein guter Clip?
  • YouTube ist immer noch zu kompliziert. Gerrit bringt es auf den Punkt die Seiten müssen Oma-Kompatibel werden und nur weil ein Opa auf YouTube Erfolg hat ist es die Plattform an sich noch nicht.
  • Die ganze Plattform krankt. YouTube schafft es noch nicht einmal sich selbst zu ernähren. Im Gegensatz dazu ermöglichen Plattformen dieser Größe normalerwiese Drittanbiertern ein lukratives Geschäft. Google und die Suchmachinen halten eine ganze Branche, die SEOs, in Brot und Arbeit. Mit Amazon und Ebay verdienen hundert-tausende ihren Lebensunterhalt und selbst für MySpace gibt es viele Firmen deren einziger Zweck es ist Widgets und Anwendungen für MySpace zu entwickeln. Was ist mit YouTube? Neben den paar Talenten, die entdeckt wurden und einigen API-Integrationen nicht viel. Hinzu kommt noch, dass die meisten API Verwendungen und Embed-Player gegen die Terms of Service verstoßen, da es nicht erlaubt ist neben den Playern Werbung einzublenden.
  • YouTube ist in einem enormen Maße selbstreferenziell. Ich habe nicht umsonst 2007 zum Jahr der Hubs gemacht. Plattformen mit Lock-In bzw. ohne Kontext werden verlieren. Natürlich gibt es auf YouTube die Embed-Player, aber das wird nicht mehr reichen. In Form von selbst erfüllenden Prophezeihungen schustert sich YouTube seine eigenen Toplisten. Sieht man die Toplisten durch findet man bei den wenigsten Videos Links von externen Seiten. Der Traffic und die Views werden hauptsächlich über die internen Systeme (Honors) generiert. Bedenkt man jedoch, dass der Longtail kaputt ist diese Selbstreferenzialität gelinde gesagt problematisch.

So beerdigt man YouTube

Es ist natürlich nicht damit getan eine nette kleine Videohosting-Plattform aufzubauen und schon schnappt man sich die Marktanteile von YouTube. So wird es nicht laufen viel mehr bedarf es eines ganzen Maßnahmenpakets in dessen Mitte nicht einmal unbedingt ein Videohoster stehen muss.

  • Spam YouTube. YouTube möchte verständlicher weiße alle Musikvideos der Welt hosten. Aber wie sieht es mit allen Gerichtsschows der Welt aus? Oder wie wäre es mit dem kompletten Material von allen Big Brother Staffeln schön in drei Minuten Häppchen? Oder Schnipsel von all den anderen Fernsehshows, bei denen sich noch nicht einmal ein User gefunden hat, der sie posten möchte? Und dazwischen natürlich immer mal wieder ein schönes Video um YouTube bei Laune zu halten. Schon jetzt finden sich in den Toplisten überwiegend Fernsehinhalte und das obwohl sich viele Sender noch zurück halten. Jedes Abspiel dieser Inhalte nimmt den Usern ein Abspiel weg und macht YouTube als Plattform unattraktiver.
  • Von YouTube profitieren. Warum auf YouTube Videos verzichten und bei Null anfangen? Die Plattform baut intelligent auf die bereits existierenden Videohoster auf und ergänzt sie wo notwendig.
  • Etablieren einer kommerziellen Plattform. Man baut keine typische Web 2.0 Anwendung, die nette Features hat und macht sich anschließend Gedanken über das Geschäftsmodell. Im Gegenteil man zieht von Anfang an eine kommerzielle Plattform auf, die sich gewaschen hat. In dieser Plattform muss soviel Geld stecken, dass sie sich auch für die oben genannten Drittanbieter und User lohnt. Mit Geld für Dritte meine ich natürlich nicht die lahmen Versuche von Revver und Co. Wie genau eine solche Plattform aussehen könnte werde ich in kürze Ausführen, hier geht es wohl etwas verloren. Prinzipiell haben Medienhäuser bei diesem Punkt den Vorteil, dass sie gute Kontakte zu den Werbetreibenden haben.
  • Beseitigung aller Hürden. Videoupload ohne Anmeldung! Bewertungen, Tags und Playlisten ohne Anmeldung und Kommentare und Freunde abschaffen, bzw. nur über externe Dienste wie Blogs erlauben. Die Plattform soll keine lock-in Situation erzeugen sondern genau das tun, für das sie geschaffen wurde: Videos zeigen! Und ja Videouploads ohne Anmeldung, denn eine Anmeldung schützt keine Plattform vor Spam oder problematischen Inhalten, eine Account ist schnell genug erstellt und mit anonymen Emailadressen bleibt am Schluss wieder nur die IP und die hat man auch ohne Anmeldung, wozu also der Spass?
  • Virale Verbreitung in die Plattform integrieren. Es muss möglich sein jenseits der selbsterfüllenden Prophezeihungen von YouTube eine virale Verbreitung innerhalb der Plattform zu schaffen, die keinen User bevorzugt. Auch dazu in Kürze mehr.
  • Technologie und Features unter der Haube. Es kommt nicht darauf an YouTube oder einen anderen Anbieter an Features zu übertrumpfen. Viel mehr muss die Plattorm die Features besser integrieren und viel Arbeit darin investieren Dinge einfacher zu gestalten. Niemand käme auf die Idee die Google Suchergebnisse anders zu sortieren. Trotzdem bieten fast alle Videohoster in ihren Suchen verschiedenen Sortierkriterien an, was höchstens ein Zeichen dafür ist, dass sie selbst nicht wissen, wie sie die Videos am besten sortieren sollen.
  • Kontext bieten. Es geht nicht nur um Videos sondern auch darum die Videos in einen Kontext einzubetten. Ob das nun Blogbeiträge oder thematische Kataloge und Playlisten sind. Es gibt eine Menge Möglichkeiten des Longtails der Videos Herr zu werden und den einen großen Longtail in mehrere kleinere und somit leichter fassbare Schlangen zu packen. Der nette Nebeneffekt des Kontextes ist, dass damit die Auffindbarkeit der Videos enorm erhöht wird und letzten Endes die Videos auch über Google sinnvoll zugänglich werden.
  • Lokale Potentiale nutzen. Im Gegensatz zu YouTube haben die meisten Medienfirmen eine Vielzahl von lokalen Niederlassungen, die sich mit kulturellen Eigenheiten beschäftigen und versuchen die Produkte in den verschiedensten Medienmärkten zu vermarkten. Genau diese Potentiale müssen genutzt werden, denn die Nähe bietet oftmals auch ein schönes Premium bei den Werbeumsätzen;-)

Das Zusammen ergibt kein YouTube

Der YouTube-Killer ist nicht YouTube in Grün, sondern eine neue Plattform mit anderer Ausrichtung. Neben dem Hosten von Videos übernimmt die Plattform die thematische Aufarbereitung von Videos, bietet Kontexte und Hilfestellung, erlaubt die Monetarisierung und den weltweiten Vertrieb von Videos. Diese Plattform fördert Talente und schafft Aufmerksamkeit für die User, die mittlerweile im Spam und Kommerz auf YouTube untergehen. Nebenbei stellt man YouTube noch ein Bein indem man deren Schwächen eiskalt ausnutzt und fördert. Ein wenig Gamen hat doch noch niemandem geschadet und solange YouTube heiß auf die Pageviews ist haben sie es auch nicht anders verdient.

Leider glaube ich nicht daran, dass sich die Medienkonzerne jemals auf einen YouTube-Killer einigen können. Und falls doch wird es wohl Monstrum wie Movielink werden, das sich in nichts von YouTube unterscheidet und das obwohl so viele Trümpfe bei den Medienhäusern liegen.

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