Die deutschen Videohoster, oder bin ich was besonderes?

So wie es aussieht kommen die Videohoster in Deutschland langsam in die Gänge. Ziemlich genau ein Jahr nachdem YouTube in den USA gestartet ist und ein halbes Jahr nach dem Durchbruch haben sich die ersten deutschen Videohoster aufgemacht den Markt zu erobern. Clipfish macht gerade mit einer gezielten PR-Aktion in Form von personalisierten Videoeinladungen an Blogger auf sich aufmerksam. Daneben gibt es mittlerweile auch in Deutschland eine ganze Reihe von Anbietern: MyVideo, Sevenload und Zeec. Zusätzlich dazu gibt es ein Videohosting-Angebot von Focus sowie Google Video, das ins Deutsche portiert wurde.

Traffic deutscher Videohoster

Clipfish wird von der RTL-Tochter Opal betrieben und hat bis jetzt noch nicht sonderlich viel Anklang gefunden, was sich sicherlich mit der kurzen laufzeit des Angebots erklären lässt.

Focus Video ist noch im Alpha-Stadium scheint jedoch nach einem kurzem Startboom wieder eingeschalfen zu sein. Fünf neue Videos in der letzten Woche ist nicht sonderlich viel und die Abspiele dürften sich auch in Grenzen halten.

MyVideo hat seinen Sitz gleich nach Rumänien verlegt vor lauter Vertrauen in die User, Videos und das Geschäftsmodell. Neben der deutschen Seite werden auch noch Seiten in Spanisch, Französisch und Polnisch angeboten. Finanziell unterstützt wird das Unternehmen von den Samwer-Brüdern, die nach dem Jamba-Verkauf über genügend Ressourcen verfügen dürften. Momentan scheint MyVideo der deutsche Marktführer zu sein und ist auch der einzige Dienst der Werbung rund um die Videos einblendet, was stark mit Rumänien zusammenhängen drüfte. Der „Hinweis: MyVideo ist für den Inhalt dieser Seite nicht verantwortlich. Die hier eingestellten Inhalte stammen von privaten Nutzern!“ ist wohl eher als Witz zu verstehen und zeigt, dass mit den Inhalten nicht sonderlich sorgsam umgegangen wird.

Sevenload wird vom denkwerk Inhaber Axel Schmiegelow aktiv unterstütz und ist laut Alexa die Nummer Zwei in Deutschland. Im Gegensatz zu MyVideo zeigt sich Sevenload um einiges Aufgeräumter, sowohl was das Design angeht, als auch bei den Inhalten. Es werden umfangreiche Community Features, wie Kommentare, Bewertungen und Gruppen angeboten, die so jedoch auch bei YouTube oder MyVideo zu finden sind. Die Besonderheit von Sevenload ist, dass neben Videos auch Bilder auf den Server geladen werden können und die Technik den ausgereiftesten Eindruck macht.

Zeec bietet ähnlich wie Sevenload die Möglichkeit neben Videos auch Bilder kostenlos online zu stellen. Von allen Angeboten ist Zeec am „durchgestyltesten“. Die Seite wirkt deshalb schon fast steril und passt sich nicht dem eher freien und unfertigen Aussehen klassischer sozialer Netwerke wie MySpace oder Craigslist an. Auf der noch jungen Seite wurden in der letzten Woche 22 Videos hochgeladen.

Dominieren dürfte den deutschen Markt trotzdem YouTube gefolgt von Google Video. Interessanterweise befinden sich bei Google Video gleich zwei Videos der deutschen Karaoke-Mädchen Lynne und Tessa in den Top 100. Die Beiden haben sich in dieser Liste mittlerweile als Stammgäste etabliert. Und auch bei YouTube finden sich in den monatlichen Top 100 zumindest sicher zwei deutsche Videos (eines davon eine ziemlich makabere Animation). Natürlich sind dies Einzelfälle aber sie zeigen, dass die internationalen Angebote durchaus auch in Deutschland wahrgenommen und intensiv genutzt werden.

Es stellt sich nun die Frage, wie sich diese Dienste von ihren internationalen und deutschen Konkurrenten abheben wollen. Als erstes Unterscheidungsmerkmal soll natürlich die Sprache sowohl der Seite als auch der Inhalte dienen. Nur leider scheint es nicht so, als ob dies besonders gut funktioniert.

Sehen wir uns das Beispiel des „Bush Piloten“ an. Das NDR Satiremagazin Extra 3 hat einen Beitrag darüber gemacht, dass Bush von einem Deutschen ferngesteuert wird. Der Beitrag ist natürlich in deutsch und sollte somit den deutschen Anbietern entgegen kommen. Das ist so nicht der Fall. Der Beitrag wurde von mindestens vier Usern auf YouTube hochgeladen und dort über 20 000 mal gesehen. Bei Google Video wurde er fünf Mal hochgeladen und sogar mit Untertiteln versehen (Google veröffentlicht keine Abspielzahlen, es gibt aber ca. 3500 Bewertungen).
Die deutschen Anbieter kommen zusammen auf ca. 5000 Abspiele (3600 Views/ 7 Videos bei MyVideo; 1450 Views / 2 Videos bei Sevenload; 1 Video bei Zeec alle anderen 0). Es ist möglich, dass Bush ein dankbarer Protagonist für die internationalen Anbieter ist wie es z.B. Angela Merkel wäre, aber es zeigt deutlich, dass sich allein durch die deutsche Sprache kein entscheidender Vorteil erzielen lässt.

Patrick Breitenbach vom Werbeblogger sieht bei der deutschen Konkurrenz vor allem Sevenload vorn:

Die Benutzerfreundlichkeit und die Funktionalität [von Clipfish] hinken den amerikanischen, aber auch deutschen Vorbildern hinterher. […] Überhaupt, der deutsche Konkurrent Sevenload ist nicht nur besser mit Material bestückt, er zeichnet sich auch durch eine sehr übersichtliche und ansprechende Gestaltung aus, das macht für meine Begriffe unheimlich viel aus. Auch der elementare Unterschied zu Youtube hat Sevenload zu bieten: Es ist nicht nur deutschsprachig, es bietet zudem Videos UND Fotos.

Nur leider ist eine ansprechende Gestaltung wohl kein Erfolgsgarant und insgesamt doch eher zweitrangig hinter der Funktionalität, dem Preis und den Inhalten. Anders lassen sich die Erfolgsgeschichten von Craigslist oder PlentyofFish nicht erklären. Und die Diversifizierung durch Fotos hat schon diesen sieben Anbietern nicht geholften und wird wohl keine entscheidende Rolle im Rennen der Videohoster spielen.

Ibrahim Evsan von Sevenload sieht die Zukunft wie folgt:

Video- und Fotoplattformen wie sevenload werden Aggregatoren dieser Entwicklung [Vielfalt von Klein-Broadcastern] und genau hier sehen wir unseren Businessmodell (neben White Label, Fotodruck etc etc etc).

Man will also so viele Inhalte wie möglich zusammenfassen und diese dem Besucher im komplett Paket vorsetzten. Nett gedacht. Leider werden die Aggregatoren nicht unbedingt selbst Videohoster sein, denn diese sind in ihrem Angebot zu beschränkt. Als Video-Aggregatoren werden sich eher Video-Suchmaschinen wie Blinkx, die über vier Millionen Stunden Video im Suchindex haben, Portale wie das neue AOL Video oder Videobookmarkingdienste wie Dabble durchsetzten. Was also bleibt für die Videohoster? Diese Frage stellt Eva den Clipfish Nutzern:

Unsere Frage an Euch: Was wünscht ihr Euch von Clipfish, was andere bislang (noch) nicht bieten? Welche Features vermisst ihr bei Youtube, Sevenload & Co? Wie könnte Clipfish Euren Bedürfnissen besser gerecht werden?

Für Clipfish gibt es hierfür eine einfache Antwort:
(1) Macht einen Deal mit RTL, dass eure Contest-Gewinner im Programm gesendet werden.
(2) Dehnt die Kooperation soweit aus, dass RTL Clipfish mitteilt, was für Videos benötigt werden und bastelt daraus noch mehr Contests.
(3) Stellt euren Mitgliedern RTL Material zur Verfügung aus dem sie Remixe und Mash-ups erstellen können und verwendet diese dann zu Promotionzwecken.
(4) Stellt exklusives RTL Material zur Verfügung.
(5) Entlohnt alle Benutzer angemessen. Wird der Beitrag des Contest-Gewinners gesendet entlohnt ihn mit gängigen TV-Sätzen (ihr könnt etwas für eure Vermittlungsarbeit abziehen).
(6) Seid transparent und kündigt vor dem Contest an wieviel es zu Gewinnen gibt und was mit dem Material (vor allem auch mit dem Abgelehnten) geschieht.
Wenn ihr diese Vorgaben umsetzt verspreche ich euch, dass ihr sehr bald hochwertige Inhalte und aktive Nutzer haben werdet. Und vor allem wird Clipfish dann nicht mehr nur ein weiterer Videohoster sein.

Auch für die anderen deutschen Anbieter gilt weg vom Massenansatz und hin zur Spezialisierung. Diese kann auf verschiedenen Ebenen erzielt werden.
(1) Entwickelt ein Angebot für ein Nischenpublikum. Heavy.com ist mit dem Fokus auf ein junges männliches Publikum extrem erfolgreich und erhält nun einen Großteil des Werbebudgets von Fosters, die ihre TV Werbung komplett gestoppt haben.
(2) Versucht ein Problem zu lösen. Blip.TV ist unter Videobloggern extrem beliebt, weil sie auf deren Bedürfnisse und Probleme gezielt eingehen. Diese Entwicklungen und Erfahrungen haben Blip nun eine Partnerschaft mit CNN eingebracht.
(3) Ermöglicht es Produzenten Geld zu verdienen. Baut ein Werbenetzwerk auf und bringt Produzenten und Werber zusammen oder verfolgt ein Spy Media Konzept für Videos. Das Konzept ist einfach: Die Kunden stellen ihre Anfrage nach einem Video auf eure Seite und geben einen Preis vor. Angemeldete Mitglieder können ihre Videos zu dieser Anfrage hochladen und der Kunde wählt eines davon aus und bezahlt den Preis.
(4) Bietet exklusive Inhalte an. Sevenload versucht das zum Teil schon mit der Mobelithe-WG und ähnlichen Angeboten. Allerdings währe etwas mehr Authentizität zu wünschen. (Ihr könnt ja Lynne und Tessa anheuern;-)) Ich denke für ein Label, das originär fürs Internet produzierte Shows anbietet und diese von seinen Usern fordert und fördert dürfte sicher noch Platz sein.

Man darf also gespannt sein, wie die deutschen Anbieter sich in Zukunft entwickeln. Es würde mich freuen, wenn zumindest einer sich etwas etablieren könnte und nicht von einem eingedeutschten YouTube weggefegt wird. Die Dynamik des Videohosting-Markts zeigt die Entwicklung von YouTube in den letzten Monaten überdeutlich es kann also in beide Richtungen gehen.

Ach ja eine Sache noch; warum hat keiner der Anbieter einen deutschen Namen?

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