Hulu am Ende? Der Lack ist ab.

Jede Woche hört man neue Gerüchte und Wasserstandsmeldungen zum Hulu-Verkauf. Bis jetzt gibt es allerdings lediglich die Aussage von Disney Chef Bob Iger zur Verkaufsabsicht als handfeste Bestätigung für den Prozess. Bereits seit Mitte 2010 kursieren Gerüchte darum, dass die Hulu-Eigentümer Disney, NBCUniversal, Fox und Providence Equity Partners die Firma auf eigene Beine stellen möchten. Damals war noch ein Börsengang das Ziel, dieser hat sich jedoch aufgrund der ungeklärten Verlängerung der Lizenzverträge zerschlagen.

Nachdem der IPO nicht realisiert werden konnte konzentrieren sich die Bemühungen nun auf einen direkten Verkauf. Im Moment scheinen sich die Internetgrößen die Klinke bei Hulu in die Hand zu geben. Microsoft, Apple, Amazon, Yahoo! und Google haben sich zumindest einmal schlau gemacht, was Hulu zu bieten hat. Doch es dürfte nicht ganz einfach sein Hulu an den Mann zu bringen, denn nach vier Jahren ist der Lack ab und größere Probleme und Herausforderungen werden ersichtlich.

Hulus Herausforderungen

Stagnierendes Wachstum

Hangelte sich Hulu in den ersten Jahren noch von einem Rekordmonat zum nächsten konnte Hulu in den letzten Monaten lediglich noch das Werbevolumen steigern. Hulus Unique Viewers liegen zur Zeit sogar um fast 20 Millionen unter den Höchstwerten vom Mai 2010 und Dezember 2009. Zudem kann sich Hulu nicht mehr deutlich von den Reichweiten vieler TV-Sender absetzen, was andeutet, dass es Hulu nicht (mehr) schafft mehr zu bieten als die Summe seiner Teile.


Zahlen auf Basis der Comscore Videometrix 2.0

Betrachtet man die Viewing Sessions erkennt man, dass sich das Nutzungsverhalten auf Hulu verändert hat. Da die Anzahl der Sessions relativ stabil bleibt kann man daraus schließen, dass es Hulu geschafft hat sich ein Stammpublikum zu erarbeiten, dass den Dienst intensiv nutzt. Jeder dieser Nutzer sieht auf der Seite im Monat ca. 3:42 Stunden Videos damit ist Hulu die Nummer zwei hinter Netflix mit 8:34 Stunden. Es scheint fast so als ob Hulu sein Publikum gefunden hätte es jedoch nicht recht gelingt die Userbasis auszuweiten und viele User, die Aufgrund von TV-Werbung auf den Service aufmerksam wurden nicht gehalten werden konnten.


Zahlen auf Basis der Comscore Videometrix 2.0

Starke Konkurrenz

Zu Beginn konnte sich Hulu durch eine überlegene Usability, das Interface und einen klaren Fokus auf Bewegtbild von anderen Angeboten abgrenzen. Nirgends sonst standen TV-Inhalte so im Fokus und war es so einfach diese zu sehen. Doch die TV-Sender und andere Portale haben schnell gelernt und mittlerweile kann sich Hulu nicht mehr über diese Merkmale differenzieren.

Neben der Konkurrenz durch Portale und TV-Sender hat sich vor allem Netflix als Hulu Konkurrent hervorgetan. Die Kräfteverhältnisse zeigen sich hier nicht nur in der Sehdauer, die bei Netflix mehr als doppelt so hoch ist, sondern auch beim Wachstum der beiden Subscription-Dienste. Während Hulu plus wohl bis Ende Q3 die 1 Million Abonnenten Grenze überschreiten wird kratzt Netflix an der 10 Millionen Grenze für Streaming only Kunden und das obwohl Netflix das Angebot 5 Monate nach Hulu plus eingeführt hat. Es zeigt sich, dass die Mehrzahl an Kunden Netflix Hulu plus vorzieht.

Content Rechte

Netflix und Hulu (plus) unterscheiden sich maßgeblich bei den Inhalten. Während Hulu exklusiven Zugriff auf aktuelle Serien und TV-Inhalte hat bietet Netflix einen breiten Katalog an Inhalten von Filmen über TV-Serien bis hin zu Dokumentationen. Hier treffen zwei Philosophien aufeinander. Hulu positioniert sich als TV-Chatchup Service, der Zugriff auf verpasste Inhalte bietet. Hulu ist damit noch zu einem großen Teil abhängig vom Sendeplan der TV-Stationen. Netflix positioniert sich hingegen als vollumfängliches Unterhaltungsangebot das losgelöst vom TV angeboten wird und Zugriff auf einen breiten Katalog erlaubt.

Hulu ist mit dieser Ausrichtung extrem davon Abhängig, dass es die Inhalte von den großen Sendern exklusiv erhält. Damit steht und fällt das Angebot mit den Content-Verträgen zwischen Hulu und seinen Besitzern. Was für negative Auswirkungen diese Abhängigkeit haben kann zeigt Fox. Der Sender führt ein neues online Pay-Fenster ein in dem Inhalte 8 Tage nach Ausstrahlung nur für Pay-TV Kunden und Hulu plus Abonnenten zu sehen sind. Hulu muss diese Änderung einfach an seine Kunden durchreichen und wird damit eines USPs beraubt.

Für einen Verkauf ist die Zusicherung dass der Käufer die Inhalte auf zwei Jahre exklusiv und für mindestens 5 Jahre erhält essentiell. Doch die Netflix-Situation illustriert, dass die Hulu-Rechte sehr wahrscheinlich nicht ausreichen um Hulu zu weiterem Wachstum zu verhelfen.

Geringe Marge

Hulu als Joint Venture der großen TV-Sender in den USA war von Anfang an auf die Bedürfnisse der Eigentümer zugeschnitten. Jason Kilar hat es zwar geschafft Zugeständnisse in manchen Bereichen zu erkämpfen aber trotzdem war Hulu immer so aufgestellt, dass die Eigentümer nur gewinnen konnten. Um das zu gewährleisten sind die Lizenz so gestrickt, dass Hulu 70% der Umsätze an die Contentinhaber abführen muss. Zählt man die 10% hinzu, die Partner für Traffic erhalten bleiben Hulu lediglich 20% um daraus alle anfallenden Kosten wie Personal, Traffic, Hosting etc. zu bezahlen.

Hulus Marge ist also sehr gering und wird es auch nach einer Übernahme bleiben. Die Eigentümer sehen Hulu als Vehikel um eine neue Revenue-Share zu etablieren, der weg geht von den bekannten 50:50 Splits. Netflix wendet hingegen im Moment gerade einmal 40% der Umsätze für Inhalte auf – es wird zwar damit gerechnet dass diese Zahl auf 50% steigt aber trotzdem wäre der eine oder andere Käufer wohl besser beraten direkt Deals zu verhandeln statt einfach Hulu zu übernehmen.

Mögliche Käufer

Angesichts dieser Liste an Herausforderungen stellt sich die Frage, welcher Käufer am besten damit umgehen kann und am meisten von den Hulu-Assets profitiert.

Apple kann man meiner Meinung nach ausschließen. Hulu bietet wenig, das Apple nicht selbst erreichen könnte. Apple hat viel Erfahrung darin Content-Deals auszuhandeln. Nicht zuletzt ist es ihnen gelungen alle Major Labels unter einen Hut zu bekommen, was sowohl Amazon als auch Google verwehrt blieb. Des Weiteren ist Steve Jobs der größte Disney-Aktionär von daher haben sie definitiv einen Fuß in der Tür, wenn es um TV- und Filmrechte geht. Will Apple einen TV-Dienst starten werden sie meiner Meinung nach direkt mit den Contentinhabern verhandeln.

Yahoo! würde sicherlich Hulu gerne kaufen und vom Profil würden die beiden Unternehmen sicherlich gut zusammen passen. Allerdings stellt sich Angesicht der internen Probleme bei Yahoo! die Frage ob dadurch nicht mehr Baustellen bei Hulu aufgerissen werden als geschlossen werden.

Microsoft wäre ein interessanter Partner. Hulu würde XBox live deutlich aufwerten und auch um TV-Inhalte auf Windows Phone 7 zu bekommen würde sich der Kauf eignen. Allerdings waren bis jetzt alle Content-Angebote von Microsoft nicht wirklich von Erfolg gekrönt. Microsofts Stärken liegen darin eine Plattform bereit zu stellen – nicht die Inhalte.

Amazon könnte sehr stark von Hulu pofitieren und durch die Integration von Hulu in Prime Instant Videos das Angebot deutlich attraktiver machen und so schneller zu Netflix aufschließen. Hulu wäre außerdem ein weiterer attraktiver Inhalt für die kolportierten Android Tablets von Amazon. Zusammen mit der IMDB, Lovefilm, Prime Instant Videos und Amazon VoD hätte Amazon so ein umfassendes Film und TV-Angebot, das es mit jedem Konkurrenten aufnehmen könnte.

Google ist wohl der Käufer der am direktesten von Hulu profitieren würde. Mit YouTube kann Google bereits den Löwenanteil des Online Videomarktes für sich beanspruchen. Durch Hulu käme eine weitere Dimension an Inhalten hinzu, die über YouTube an ein noch breiteres Publikum vertrieben werden könnten. Mit Hulu hätte Google den werbefinanzierten Online Videomarkt fest im Griff und es würde für alle anderen sehr schwer werden noch einen Fuß in die Tür zu bekommen. Allerdings könnte genau dieser Umstand gegen Google sprechen, wenn die Hulu-Eigentümer die Gefahr für sich als zu groß einstufen.

Bonus: Walmart hat gerade Vudu als VoD-Store auf der eigenen Seite freigeschalten. Als größter Kunde Hollywoods für DVDs hat Walmart natürlich ein starkes Interesse daran diese Position auch im Internet zu erreichen. Hulu könnte hierbei helfen.

Bonus: Samsung wird es wohl bald schaffen mehr Telefone als Apple zu verkaufen. Ein Ökosystem hat der Elektronikhersteller jedoch noch nicht geschaffen. Hulu würde Samsung Handys und Fernseher deutlich gegenüber der Konkurrenz aufwerten.

Fazit

Obwohl Hulu eine attraktive Firma darstellt, ist der Verkauf nicht ganz trivial einerseits weil Hulu selbst einige Herausforderungen zu meistern hat andererseits, weil der Käufer wohl nicht nur genügend Geld auf den Tisch legen muss sondern zudem noch glaubhaft darlegen muss, dass er keine Gefahr für das Kerngeschäft der jetzigen Eigentümer darstellt. Diesen Test könnten einige Interessenten nicht überstehen.

Eines erscheint mir sicher: Hulu in seiner jetzigen Form ist am Ende. Die großen TV-Konzerne sind nicht mehr bereit ihre Zukunft mit Hulu selbst zu gestalten. Hätten sie ein Interesse daran würden sie Hulu nicht verkaufen sondern weiter massiv in Hulu investieren um es auf die nächste Stufe zu heben. Das Traurige ist, dass Jason Kilar und Hulu aus vielen Schlachten mit den Eigentümern siegreich hervorgegangen sind und jetzt trotzdem den Krieg verlieren. Es bleibt zu hoffen, dass einer der potentiellen Käufer Hulus Potential realisiert und die Herausforderungen meistert. Allein bei den Problemen die Hulu schon jetzt mit den Rechteinhabern hat fehlt mir der Glaube daran.

Dieser Beitrag erschien im Rahmen der Gugel-Kolumne für das Blog des eVideo-Projektes der HTW Berlin. eVideo beschäftigt sich in ESF-geförderten, informalisierten Weiterbildungskursen mit verschiedenen Themen, um die Durchschlagskraft des Web 2.0 für die moderne Kommunikation zu erkunden.


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