What would Gugel do? AppleTV

Seit Jahren spekulieren Analysten darüber, ob Apple einen eigenen Fernseher auf den Markt bringt. Vor kurzem hat ein Report von Brian White über Indizien in diese Richtung von Apple Zulieferern, die Debatte auf ein Neues entfacht. Angesichts eines $100 Mrd. Marktes, der zudem noch bei der Userexperience deutliche Defizite hat ist es verständlich, dass viele eine lukrative Chance in einem Markteintritt Apples sehen. Die Lager sind jedoch gespalten und so entsteht eine hitzige Debatte. Auf der einen Seite die Skeptiker, die folgende Argumente ins Feld führen:

Neben den genannten Problemen gibt es noch ein großes weiteres Problem das Steve Jobs selbst angesprochen hat. Es gibt keine gute Goto Market Strategie für den TV-Markt, da die Satelliten- und Kabelnetzbetreiber ihren Kunden bereits subventionierte Set-Top Boxen zur Verfügung stellen. Die Probleme im Markt liegen demnach nicht in der Technologie sondern viel mehr an den beteiligten Parteien.

Genau mit diesem Problem hat Google auch gerade zu kämpfen. GoogleTV verkauft sich lange nicht so gut wie erhofft. Logitech blieb mit seiner GoogleTV Box deutlich hinter den Erwartungen zurück und konnte im letzten Quartal lediglich $5 Millionen umsetzen.

Apple und Fernsehen

Interessanterweise hat sich Apple bis jetzt noch nicht mit Fernsehen beschäftigt. Anders als Microsoft oder Google hat Apple noch nie ein TV-Produkt angeboten – lediglich TV-Inhalte. Wer auf einem Mac fernsehen will muss sich einen Tuner und eine entsprechende Software zusätzlich kaufen, während bei den meisten PCs heutzutage TV-Tuner bereits integriert sind. Gerade für den Mac Mini hätte es sich angeboten, wenn Apple einen Tuner ab Werk einbaut. Doch Apple wollte wohl einerseits die Beziehungen zu den Contentanbietern nicht belasten und andererseits die Komplexität der verschiedenen Sendestandards umgehen (allein für Deutschland braucht man mindestens drei verschiedene Ausführungen).

Natürlich gibt es auch gute Gründe dafür, dass Apple in den TV Markt eintritt. Neben dem Marktvolumen spricht dafür vor allem, dass der Markt im Moment unter einer extrem fragmentierten Landschaft leidet und auf neue Impulse wartet. Auf dem Fernseher treffen bis zu 4-5 verschiedene Interfaces zusammen ganz zu schweigen von den zahllosen Fernbedienungen, die auf dem Couchtisch herumliegen. Das klingt nach einem Problem, das Apple einfach lösen könnte.

Auch die Parallele zum iPhone macht Mut. Bevor Apple das iPhone heraus brachte gab es ähnliche Prognosen, die alle aufzeigten, wie schwierig der Markt ist, wie hart umkämpft und dass es definitiv keine hohen Margen zu verdienen gibt. Chris Dixon zeigt wie falsch die meisten Experten in diesen Punkten 2007 lagen und kommt zum Schluss, dass diese Probleme Apple definitiv nicht aufhalten würden.

Was macht ein AppleTV aus?

Angesichts dessen erscheint es schon eher so also ob Steve Jobs eine Anleitung dafür gegeben hat, wie Apple den Markt angehen könnte als er 2010 über die Eintrittsbarrieren sprach:

„The only way that’s ever going to change,“ Jobs said, „is if you can really go back to square one, tear up the set top box, redesign it from scratch with a consistent UI across all these different functions, and get it to consumers in a way that they’re willing to pay for it. And right now there’s no way to do that.“

Wenn Apple einen Fernseher herausbringt, dann ist das größte Problem, das gelöst werden muss wie Inhalte auf den Fernseher kommen. Der Fernseher darf auf der einen Seite nicht auf eine Set-Top Box eines Kabelnetz- oder Satellitenbetreiber angewiesen sein auf der anderen Seite ist es nicht ökonomisch für jeden Betreiber eine eigene Version des Fernsehers auf den Markt zu bringen und die verschiedenen Standards zu implementieren. Apple müsste also wirklich hergehen und alle Kabel und Boxen rund um den Fernseher neu erfinden und neben dem Fernseher auch die komplette Distribution von TV-Signalen überdenken.

AppleTV: Fernsehen über das Internet

Der einzig konsequente Weg, den Apple verfolgen könnte wäre den Fernseher nur mit einem Kabel auszustatten: dem Stromkabel. Alle anderen Inhalte müssten wie beim jetzigen AppleTV über die wireless Verbindung übertragen werden. Das wiederum bedeutet, dass Apple nicht nur den Fernseher herstellen müsste sondern gleichzeitig zum TV-Plattformanbieter werden müsste, denn nur so kann Apple sicher stellen, dass die Inhalte über das Internet auch auf dem Fernseher ankommen und das in einer annehmbaren Qualität. Schon jetzt können AppleTV Nutzer NBA und MLB Spiele live verfolgen, dieses Angebot müsste Apple massiv ausbauen, so dass sie mit den klassischen TV-Anbietern konkurrieren könnten. Dass Apple über einen entsprechenden TV-Dienst nachdenkt ist wahrscheinlich – immerhin deuten entsprechende Gerüchte der letzten Monate darauf hin. Außerdem wurde bereits Ende 2009 berichtet, dass Apple versucht die TV-Networks für einen $30/Monat iTunes streaming Dienst zu gewinnen.

Mit über 2 Millionen verkauften AppleTV Boxen und weiterhin starker Nachfrage könnte Apple bald die nötigen Kundenzahlen zusammen haben um den Sendern in Rechteverhandlungen auch ein ausreichend großes Publikum zu versprechen und wieder Bewegung in die festgefahrenen Verhandlungen bringen. Doch anders als im Telekommunikationssektor würde der Markteintritt Apples im TV-Bereich nicht nur existierende Fernsehhersteller herausfordern sondern vor allem auch die Kabelnetz- und Satellitenbetreiber, denn ein Szenario in dem Apple mit ihnen zusammen einen Fernseher auf den Markt bringt kann ich mir nicht vorstellen.

Baut Apple einen Fernseher?

Nach diesen Überlegungen bekommt die Debatte um einen Fernseher von Apple eine ganz neue Dimension. Es geht nicht mehr darum ob Apple einen besseren Fernseher als Sony oder LG bauen kann sonder darum ob Apple eine bessere Fernsehexperience gewährleisten kann als Sony und Comcast oder LG und Verizon. Dies kann Apple erst, wenn sie neben der Hardware auch die TV-Plattform und die entsprechenden Rechte der Sender für die Auslieferung der Inhalte darüber haben. Von daher würde ich einen Fernseher von Apple erst dann erwarten, wenn die anderen beiden Komponenten auch bereit sind und das kann noch etwas dauern.

Dieser Beitrag erschien im Rahmen der Gugel-Kolumne für das Blog des eVideo-Projektes der HTW Berlin. eVideo beschäftigt sich in ESF-geförderten, informalisierten Weiterbildungskursen mit verschiedenen Themen, um die Durchschlagskraft des Web 2.0 für die moderne Kommunikation zu erkunden.


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