Kannibalisiert sich das Fernsehen? Gedanken zum Onlinewerbemarkt.

Nach den Gründen für das Fernsehen und dem Problem für einige Sender und Formate durch eine effizientere Verbreitung ihrer Inhalte durch YouTube und andere Videoprotale kommt für die Fernsehsender ein weiteres Problem hinzu. Sie können nicht einfach so ihr Programm ins Internet verlagern, da sie sich mit diesem Schachzug sich selbst kannibalisieren würden. Entschuldigung für die oftmals fehlenden Links aber ich habe leider den Bookmark-Ordner gelöscht.

2006 hatte der Werbemarkt in Deutschland ein Volumen von ca. 20 Milliarden Euro und natürlich gibt es seit Jahren einen Verteilungskampf zwischen den verschiedenen Medien um diesen Kuchen. Der Anteil der Onlinewerbung liegt je nachdem wen man fragt zwischen einer halben und zwei Milliarden Euro.

Zeit vs. Werbeausgaben

Stein des Anstoßes ist seit jeher die Schere zwischen der in einem Medium verbrachten Zeit und den prozentualen Werbeausgaben für dieses Medium. Beim Fernsehen sind diese Zahlen einigermaßen im Einklang: 40% der Zeit wird für Fernsehen aufgewendet und das Fernsehen erhält 40% der Werbeausgaben. Mit dem Internet sieht es anders aus ca. 15% der Zeit wird im Internet verbracht doch je nachdem welchen Zahlen man glaubt liegt der Werbeanteil für das Internet zwischen 2,5 und 10%.

Man könnte jetzt eine einfache Argumentation aufbauen, die davon ausgeht, dass der Onlinewerbemarkt in Zukunft massiv wächst und diese Lücke damit geschlossen wird. Weiter könnte man davon ausgehen, dass Videowerbung einen großen Anteil an diesem Wachstum haben wird. Momentan liegt der Anteil der Videowerbung an der Onlinewerbung in Amerika bei 2,6% über die nächsten drei Jahre soll er auf bis zu 10% wachsen. Das ist durchaus nachvollziehbar weißt ABC z.B. beim Streaming von hochwertigen Serien eine Erinnerungsleistung von 80% an die beworbene Marke auf. 30 Sekunden Spots werden im Internet bis zu 50% besser erinnert als der selbe Spot im Fernsehen und Videowerbung weißt im Vergleich zu anderen Werbeformen im Internet doppelt so hohe Clickraten auf. Ganz nebenbei lässt sich die Werbung natürlich viel Zielgruppen spezifischer ausliefern und die Erfolgskontrolle ist sofort gegeben. Das führt zu recht hohen Tausender Kontakt Preisen (TKP), die für Videowerbung verlangt werden. Focus Online verlangt zum Teil sogar bis zu 80 Euro für Werbung vor seinen Videos. Das liegt weit über dem durchschnittlichen 10er TKPs des Fernsehens.

Das alles spricht also dafür, dass mit Videowerbung ein großer Schritt in Richtung eines Angleichs der Werbeausgaben an die Nutzungsdauer im Internet stattfinden könnte. Doch hier kommt es zum Problem. Dieser Angleich wird nicht stattfinden, da immer mehr Inhalte eine längere Nutzungsdauer herbeiführen. Diese längere Nutzungsdauer kann letzten Endes auf absehbare Zeit nicht von den Werbausgaben eingeholt werden und somit werden mit zunehmendem Inventar die Preise in den Keller gehen.

Was passiert denn wenn Sender aus Aktionismus ihr Programm ins Internet stellen? Das ZDF macht es vor: Die Vorgaben lautet 50% des Programms online für sieben Tage verfügbar zu machen. Momentan lässt sich hinter dieser Vorgabe noch keine Strategie erkennen, weder fordern die ZDF-Zuschauer das Programm im Internet noch wird damit eine besondere neue Zielgruppe oder Aufgabe erfüllt, noch ist die ZDF-Mediathek eine besonders innovative Einrichtung, die für sich allein stehen könnte. Das Vorgehen illustriert jedoch wo ein Problem liegt. Tun die Sender nichts und strahlen weiterhin ihr Programm über die klassischen Wege aus droht einigen, wie im Fall Viacom dargelegt, das aus, andere werden einfach nur schlecht dastehen – das ist beim ZDF der Fall und meiner Ansicht nach der Hauptgrund für den Aktionismus – und manche Sender werden Zuschauer an Internetangebote verlieren.

Ergreifen die Sender jedoch die Gelegenheit beim Schopfe und verlagern Teile ihres Programms ins Internet beginnen sie sich selbst zu kannibalisieren, denn die Zuschauer verlagern sich schneller ins Internet als die Werbegelder. Das Internet kann im Moment noch keine adäquate Kompensation für das Programm der Sender bieten und deshalb müssten sich die Sender erst einmal mit geringeren Einnahmen zufrieden geben. Dieser Effekt wird durch simple Marktmechanismen unterstützt, die das Problem verschärfen je mehr Sender mit ihrem Programminhalten ins Internet gehen. Es sind mehr qualitativ hochwertige Inhalte verfügbar und die Werbepreise fallen weiter.

Man muss nur sehen, wie gering die Tausender Kontaktpreise auf Social Networks sind um zu sehen, welche Auswirkungen zuviel Inventar auf die Preise im Internet hat. Die Preise liegen oftmals unter fünf Dollar. Beim StudiVZ fängt die Preisspanne z.B. bei 2,25 Euro für Textanzeigen und bei fünf Euro für grafische Anzeigen an. Mit Google AdSense erzielt man zum Teil sogar noch geringere TKPs.

Das Problem für die Sender in dieser Situation ist, dass sie nicht langfristig entscheiden und handeln können, da Umsatzeinbrüche durch eine teilweise Kannibalisierung des Programms durch Internetvideos, die Gewinnaussichten im kritischen Maße schädigen können.

Diese Entwicklung führt zu einer ähnlichen Situation, wie bei den Zeitungen und Zeitschriften vor ein paar Jahren. Die meisten großen Verlage stellten damals ihre Onlinebemühungen ein, weil sie meinten keine Gewinne im Internet zu erzielen und zum anderen befürchtet wurde, dass die Internetseite den Printbereich kannibalisiert. Jetzt ist die Entwicklung so weit und der Printbereich wird kannibalisiert, aber eben nicht durch die eigene Internetseite sondern durch Fremde. Ähnliches droht auch den Fernsehsendern, die sich im Internet der Konkurrenz durch Zeitungen, Radiosender und reine Internetportalen stellen müssen, die oftmals eine ausgefeiltere Videostrategie aufweisen.

Um es auf den Punkt zu bringen, wenn Fernsehsender nichts tun, verlieren sie und wenn sie etwas tun kannibalisieren sie sich vorerst selbst. Da ist es natürlich bequem, wenn man die sichere Finanzierung der GEZ im Hintergrund hat wie es beim ZDF der Fall ist. Für die Privaten ist diese Entscheidung für die Zukunft ungleich schwieriger zu treffen.


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