Erfolgsfaktoren für Videoblogs

Nachdem geklärt ist, warum ich der Meinung bin, dass Videoblogs und Videoshows im Internet einen Sweet-Spot einnehmen, bietet es sich an die Gründe für den Erfolg dieser Formate zu klären.

Verschafft man sich einen Überblick der Videoblogs fällt recht schnell auf, dass es weder in Deutschland noch International besonders viele Videoblogs mit einer großen Reichweite gibt.

Aber Beispiele wie Rocketboom, Ask a Ninja, Ehrensenf oder Diggnation zeigen, dass ein speziell für das Internet produziertes Format funktionieren kann, auch wenn die erfolgreiche Umsetzung bis jetzt noch nicht besonders vielen gelungen ist.

Gerade die großen Networks in den USA haben realisiert, dass mit Videoblogs zum einen Geld zu verdienen ist und zum anderen ein neues Format enstanden ist, das sie noch nicht verstehen und in dem ihnen die Kompetenz fehlt. Diese Kompetenz haben sich zumindest ABC und CBS eingekauft. ABC hat Amanda Congdon (ehemalige Rocketboom Moderatorin) unter anderem für ein Videoblog engagiert und CBS hat erst vor kurzem Wallstrip gekauft, die bis dahin eine erfolgreiche Internetshow rund um die Wallstreet produziert haben. Die Sender versuchen so in diesem neuen Markt Fuss zu fassen und ihn zu verstehen. Somit werden sich unabhängige Produzenten bald auch der Konkurrenz der Networks stellen müssen.

Unabhängig von der Marketingpower der Networks gibt es unabhängige Faktoren für den Erfolg einer Show im Internet. Die meiner Meinung nach wichtigsten Faktoren habe ich in fünf Regeln zusammengefasst.

Die fünf Minuten Regel

Im Fernsehen geht ein Werbespot normalerweise 30 Sekunden und obwohl sich hin und wieder die Werber über diese Einschränkung ihrer Kreativität ärgern, folgen doch alle diesem bekannten Rhythmus. Auch die anderen Formate seien es Serien oder Fernsehfilme fügen sich dem Diktat der Sendeplätze.

Im Internet hingegen gibt es mit der Ausnahme der Uploadlimits und der 10 Minuten-Beschränkung auf YouTube keine Einschränkung, was die Länge eines Videos angeht.

Jeder könnte ohne Zwang sein Video so lang machen wie er will. Doch die Toplisten der Videoportale sprechen eine andere Sprache. Die Top 500 Videos haben durchschnittliche eine Dauer von 1 Minute 30 Sekunden auf Clipfish, 1 Minute 48 Sekunden auf MyVideo und 2 Minuten 12 Sekunden auf Sevenload. Diese Zahlen zeigen deutlich, was nachgefragt wird. Auch die Länge der Shows wie Ask a Ninja, Wallstrip oder Ehrensenf liegt klar unter fünf Minuten – normalerweise liegt die Dauer dabei zwischen zwei und vier Minuten.

Natürlich ist es mehr Aufwand eine Episode auf diese Dauer zu schneiden, aber die User sehen wahrscheinlich noch nicht einmal diese kurzen Episoden ganz. Die Entschiedung ob ein Video bei einem Videohoster gesehen wird, fällt in den ersten zehn Sekunden des Videos. Bei vielen Shows hat der Zuschauer da noch nicht einmal den Vorspann ganz gesehen.

Die Zeitbeschränkung lässt sich aus dem Medium Internet erklären. Der Internetsufer ist es nicht gewohnt zehn Minuten still zu sitzen und sich ein Video anzusehen, egal wie gut es gemacht ist. Durchschnittlich hält sich ein Besucher laut Comscore 0,7 Minuten auf einer Internetseite auf. Das heißt ein fünf minütiges Video entspricht sieben Seiten und muss dem Besucher soviel Information/Unterhaltung wert sein, wie er sonst auf diesen sieben Seiten gefunden hätte. Diese Waagschale neigt sich also immer mehr in Richtung „weiter surfen“ je länger das Video ist.

Trotzdem nehmen viele Produzenten an, dass man mit der richtigen Show Millionen von Usern vom Gegenteil überzeugen könnte. Das ist bisher einzig Diggnation gelungen und das auch nur mit einem Podcastformat bei einem extrem technikaffinen Publikum.

Das Internet verlangt eigens aufbereitete Inhalte und eine der wichtigsten Regeln für diese Aufbereitung ist es die Inhalte kurz und relevant zu halten. Das wird umso deutlicher, wenn man sich die Nutzungssituation der Videos vorstellt. Videos werden oftmals im Büro zwischendurch angesehen oder zuhause beim ziellosen umhersurfen. Da bietet sich ein drei Minuten Video viel eher an als ein zehn Minütiges.

Serielles Format und Community

Die erfolgreichen Shows leben von ihrem Stammpublikum. Diese Basis gilt es sich zu erarbeiten und das geht am besten mit einem seriellen Format. Wiederkehrende Inhalte, bekannte Gesichter, bekannter Hintergrund und ein klar definierter Handlungsrahmen, sind die Ausgangspunkte für den Aufbau einer Community rund um die Show. Dieser Punkt ist so wichtige, weil der Filmemacher sich ansonsten für jedes Video das Publikum neu erarbeiten muss, was extrem aufwendig ist.

Auf der anderen Seite ist es wahrscheinlich, dass Zuschauer auch die nächste Episode sehen, wenn sie von einer Vorhergehenden gut unterhalten wurden. Der Produzent profitiert jedoch nicht nur in Form von Zuschauern von der Community. Das Engagement der Fans geht noch viel weiter und umfasst auch die Teilhabe an den Inhalten: Das Beginnt bei der Möglichkeit Kommentare zur Episode zu hinterlassen und geht bis zur Mitarbeit wie z.B. dem Einsenden von Material, Beiträgen oder Aufsagern oder einer richtigen Interaktivität wie im Fall von Ask a Ninja.

Fan Sponsoring

Die meisten bekannten Shows haben neben dem Videoblog begleitende Wikis, Foren und Blogs in denen die Zuschauer ernst genommen und gehört werden. Eine lebendige Community kann vor allem zu Beginn auch einen signifikanten Beitrag zur Finanzierung leisten. Sei es über Premium-Abonnements, Merchandising oder den Kauf von Gimmicks wie ehemals bei ZeFrank oder jetzt bei Ask a Ninja, die allein durch die Platzierung von Fannachrichten mehrere Hundert Dollar pro Episode eingenommen haben (s. Bild).

Dominanter Showmaster

Showmaster

Aus den ersten beiden Punkten ergibt es sich quasi fast von selbst. Der Showmaster ist die wichtigste Person für den Erfolg einer Show. Egal ob Katrin Bauerfeind für Ehrensenf, Amanda Congdon und Joanne Colan für Rocketboom, Jessica Rose für Lonelygirl15, der Ninja in Ask a Ninja, oder ZeFrank, Brookers, LisaNova und geriatric1927 als sie selbst. Sie alle geben den Shows das gewisse Etwas heben sie von der Masse ab und dienen als Aushängeschild und Markenzeichen.

Rocketboom hat mit dem Wechsel von Amanda Congdon zu Joanne Colan gezeigt, dass es zwar möglich ist den Showmaster zu wechseln, aber ohne Showmaster oder Hauptcharakter funktioniert keine dieser Shows. Die fünf Minuten-Regel begrenzt die Komplexität der einzelnen Episode, so dass der Showmaster den Unterschied macht. Selbst die kleinste Geste hat das Potential zum Running Gag und hilft Zuschauer zu binden und die Attraktivität der Show über lange Zeit hoch zu halten.

Neben dem Unterhaltungswert hilft ein Showmaster auch einen Common Ground zu etablieren auf dem sich die Show und die Zuschauer bewegen und auf den zukünftige Episoden aufbauen können.

Möglichst viele Quellen und Kanäle

Die verschiedenen Distributionsstrategien für Videoblogs wurden bereits dargelegt. Das wichtigste im Hinblick auf die Vermarktung ist dass die Show ihre eigene Destination hat. Idealerweise ist diese Destination die eigene Internetseite, ob das nun ein Blog ist oder eine normale Präsenz ist zuerst einmal egal. Nur über die eigene Seite lässt sich eine Community etablieren, die nicht in erster Linie die Community des Videohosters oder des technischen Dienstleisters ist.

Das heißt jedoch nicht, dass die Verbreitung auf die Seite des Produzenten beschränkt bleiben soll. Viel mehr ist diese Seite nur der Ausgangspunkt für eine Verbreitung über verschiedene Videohoster und Seiten hinweg. Auch das Potential des Abonnements durch Podcasts sollte nicht unterschätzt werden. Je nach Show konsumieren ein Drittel bis zu weit über die Hälfte der Zuschauer die Videos via RSS-/iTunes-Abonnement. Es bietet sich also eine möglichst weite Verbreitung mithilfe einer many:many-Strategie an, die jedoch als Zentrum und Ausgangspunkt immer die Seite des Produzenten hat.

Qualität

Auch im Internet zählt die Qualität. Natürlich gibt es Unmengen an peinlichen, schlechten Videos, die dann unter Umständen noch von vielen Zuschauern gesehen werden aber mit diesen Videos verdient keiner Geld. Der Erfolg dieser Videos ist nicht planbar und auch nur sehr schwer vorherzusehen und das wichtigste ist: Der Erfolg ist nicht zu wiederholen.

Alle der erfolgreichen Shows haben ein klares Konzept, benötigen mehrer Stunden in der Produktion und auch auf die Production-Values, wie Ausleuchtung, Kameraführung und Tonqualität wird penibel geachtet. Die Darsteller sind entweder Profis oder sehr talentierte Amateure, die über Monate und Jahre hinweg Erfahrung vor der Kamera gesammelt haben.

Das große Problem hierbei ist, dass Qualität immer mehr zur Grundvoraussetzung wird und sich nur dann durchsetzt, wenn die anderen vier Punkte auch erfüllt sind. Das Internet und YouTube sind ein riesiger Talent-Pool aus dem es mehr braucht als eine Komponente um daraus hervorzutreten.

Fazit Erfolgsfaktoren

Es gibt im Internet Shows, die allein aus sich heraus funktionieren und profitabel arbeiten. Diese Shows bedienen ein Feld das zwischen den unzähligen Amateurinhalten und den hochwertigen Fernseh- und Mainstreaminhalten liegt.

Schafft man es als Internetshow ein bereites Publikum in diesem Bereich zu erreichen, kann die Show auf sich allein gestellt existieren. Um an diesen Punkt zu gelangen gilt es einige Faktoren zu beachten:

Die Show darf nicht länger als fünf Minuten sein und muss von der Aufmachung an das Internet angepasst sein. Das Format der Show muss auf Kontinuität ausgelegt sein und einen seriellen Charakter aufweisen. Das oberste Ziel ist es dabei mit dem Publikum in Kontakt zu treten und eine Community und Fangemeinde rund um die Show aufzubauen, die als regelmäßigen Zuschauern das Rückrat der Show bilden. Erleichtert wird dieses Vorhaben indem sich die Show um einen dominanten Showmaster dreht, der zur Galionsfigur wird und die Show weiter bringt. Unterstützt wird das Wachstum am besten durch einen möglichst breiten Ansatz bei der Distribution, die alle Quellen und Kanäle umfasst ohne auf eine starke eigene Präsenz in Form der eigenen Internetseite zu verzichten. Letztlich helfen jedoch alle diese Punkte nichts, wenn nicht die Qualität stimmt. Diese Qualität umfasst sowohl das Konzept, die Umsetzung als auch alles Technische von der Aufnahme bis hin zum Abspiel.


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